Mit einem Portrait des Dichters.
Tagebuch eines überflüssigen Menschen, auch Tagebuch eines
Überflüssigen (russisch Дневник лишнего человека, Dnewnik lischnewo
tscheloweka), ist eine Novelle des russischen Schriftstellers Iwan
Turgenew, die 1848 in Paris begonnen und 1850 in den Otetschestwennye
Sapiski publiziert wurde. Während der Zensor unter Nikolaus I. diese
Erstpublikation noch gehörig zusammengestrichen hatte, erschien der Text
1856 – also nach der Machtübernahme durch Alexander II. – ungekürzt.
Der Protagonist Tschulkaturin findet als überflüssiger Mensch eine
sozialhistorische Deutung. Dieser verarmte 30-jährige Landedelmann auf
dem Sterbebett hatte zu Lebzeiten das kümmerliche Dasein eines
subalternen Beamten gefristet, wurde von den Standesgenossen gemieden und
verlor den Kontakt zur Gesellschaft.
Von Turgenew im Tagebuch – wie er die Novelle abkürzt – benannt, geht
der Typus des überflüssigen Menschen in die Literaturgeschichte ein.
Vorbereitet wurde solche Benennung in Russland von Puschkin (Onegin
(1833)), Lermontow (Petschorin in Ein Held unserer Zeit (1840)) und
Alexander Herzen (Beltow in Wer hat Schuld? (1845)), in der Schweiz von
Benjamin Constant (Adolphe (1816)) sowie in Frankreich von Alfred de
Musset (Octave in Bekenntnis eines jungen Zeitgenossen (1836)). Später,
also nach Turgenews Veröffentlichung in den 1850er Jahren, wollten solche
vorrevolutionären Literaturkritiker wie Tschernyschewski und Dobroljubow
den Terminus vielmehr als „abseits vom revolutionären Kampf stehend“
verstanden wissen.