In „Vögele der Maggid“ steht das eigentlich Novellistische noch stark zurück
hinter der bloßen Schilderung von Charakteren und Zuständen, die Sprache hat
etwas Jeanpaulisirendes, auch stört ein tändelndes Übermaß von Herzigkeit,
Schönthun und Gescheidreden, was übrigens literar-historisch nicht ohne
Interesse ist, sofern es zeigt, woher die Gestalten der Auerbach'schen
Dorfgeschichten ihr sentenziöses Wesen haben. Die volle Sicherheit eines
eigenen Stils gewinnt der Verfasser erst in der unten mitgetheilten Geschichte.
Ein Hauch urältesten epischen Wesens liegt über den Hauptscenen der einfachen
Handlung, der Abstand zwischen einer fernen, glänzenden Vergangenheit und der
kläglichen, kleinlichen Gegenwart bildet die Quelle des liebenswürdigsten
Humors und ist zugleich aus der Sphäre des Komischen, das sich so leicht an das
Festhalten längst verjährter Ansprüche hängt, durch einen meisterlichen Griff
hinausgehoben, indem der Stolz auf die Herkunft von königlichem Geschlecht in
der Anknüpfung an ein jüngeres istorisches Ereigniß eine Art Erneuerung seines
Adelsbriefs, eine frischere, faßlichere Berechtigung erhält. Aus der dürftigen
Enge des bescheidensten Daseins treten Verhältnisse und Charaktere hervor,
deren schlichte Größe auf einzelnen Höhepunkten in den stillen Aether des hohen
Stils hineinragt. Würde schon der Umstand, daß hier der Ausgangspunkt liegt für
die Novellisten des Ghetto, L. Kompert. S. H. Mosenthal, K. E. Franzos, wie
andererseits für jenen spezifischen Einschlag in die deutsche Dorfgeschichte,
der durch die Namen B. Auerbach, Alex. Weill, A. Silberstein bezeichnet wird,
die Aufnahme des „Mendel Gibbor“ in unsern Novellenschatz zur Genüge
rechtfertigen, so tritt auch davon abgesehen der innere Werth und Gehalt der
Erzählung hinlänglich für sich selber ein. Daß die humoristische Darstellung
hie und da allzusehr ins Breite gerathen sei, ist nicht zu leugnen, wir hielten
und aber nicht für befugt, Auswüchse dieser Art zu beseitigen.